Haushaltsrede unserer Fraktionsvorsitzenden am 23.03.23

Auszug aus der Haushaltsrede von Katja Ebert am 23.03.23

Wenn ich auf das letzte Vierteljahr zurückblicke, also zurück bis zum 15.12.2022, dem Tag, an dem wir den Haushaltsentwurf bekommen haben, dann erinnere ich mich an vieles: den anfänglichen Schrecken über das große Defizit und den Bürgermeister, der wie selbstverständlich eine Verdoppelung der Grundsteuer vorschlägt, die zähe Detailarbeit, Momente der Enttäuschung, manchmal auch Ermüdung und überraschende Abstimmungsergebnisse. Und ich sehe – erfreulicherweise – in einem Jahr, in dem eine Bürgermeister*in-Wahl stattfindet: sehr viel Kompromissbereitschaft. 

1. Einig sind wir uns sicher alle darüber, dass wir unglaublich viel Arbeit in diesen Haushalt gesteckt haben, daheim am Rechner, in den Fraktionen, im HFA, am Telefon und manche auch noch im Friedrich. Ich habe mal für mich überschlagen, es müssen deutlich über 50 Stunden gewesen sein, die in dieses Thema geflossen sind. An dieser Stelle gilt mein Dank allen Kolleginnen und Kollegen im HFA für die gleichbleibend konstruktive Zusammenarbeit. Daneben auch Herrn von Ah und Frau Rohs, die, wie üblich, in den Sitzungen und auch dazwischen die sich ständig ändernden Zahlen vorbereitet und eingearbeitet haben. Wir hatten 6 offizielle HFA-Sitzungen und 2 informelle Sitzungen, dazu eine Videokonferenz mit dem Landesrechnungshof, der unseren Haushalt nochmal aus einer ganz anderen Perspektive betrachtet hat. Das ist ein Rekord, so intensiv musste der Haushalt noch nie diskutiert werden. Unser Urgestein Walter Sydow hat mir das bestätigt.

2. Einig waren wir schnell, dass der ursprüngliche Entwurf mit einer Verdoppelung der Grundsteuer für uns alle keine Option ist. Natürlich wollten wir eine solche Mehrbelastung den Bürgerinnen und Bürgern nicht zumuten, erst recht nicht in diesen Zeiten. Die Kostensteigerungen in einigen Bereichen konnten wir so nicht mittragen. Uns ist aufgefallen, dass in 2023 bei den Sach- und Dienstleistungen ein Sprung nach oben geplant war, der danach wieder abfällt. Unsere Frage nach einem Zeit- und Ressourcenplan zur Abarbeitung von den vielen kleinen und großen Instandhaltungs- und Bauprojekten konnte unser Bürgermeister Herr Kreissl nicht beantworten. Eine Priorisierung von Ausgaben und Investitionen konnte ebenfalls nicht vorgelegt werden. Wir mussten feststellen, dass Herr Kreissl offensichtlich nicht wirklich engagiert bei der Haushaltskonsolidierung mitarbeiten wollte. Die allgemeine Unzufriedenheit mit dem Verlauf der Diskussionen zeigte sich sehr deutlich, als im ersten Anlauf überhaupt niemand dem bereits deutlich verbesserten Haushaltsentwurf mit einer Grundsteuererhöhung von immer noch 405 Punkten zustimmte.

3. Ebenfalls einig waren wir uns, dass wir als Parteien zusammenarbeiten und Vorschläge einbringen wollten, um die unvermeidliche Grundsteuererhöhung zu begrenzen. Das haben wir getan, auch CDU und SPD haben Listen vorgelegt. Im weiteren Verlauf wurden immer wieder einzelne Anträge von allen eingebracht.

4. Viele Konsolidierungsmaßnahmen haben wir ebenfalls einstimmig beschlossen. Für fast alle Vorschläge fand sich eine Mehrheit: große Einsparungen bei Instandhaltung und Fremdarbeiten, die zusätzlichen Investitionen in die Dimmung der Straßenlampen, die sich in 2 Jahren schon amortisieren werden, das Streichen einer zusätzlichen Stelle in der Öffentlichkeitsarbeit, leider auch notwendige Gebührenerhöhungen in den Kindertagesstätten und im Schwimmbad, nicht zuletzt auch die Umwidmung der Sanierung der Höhenstraße in eine Investition. Für fast 2 Mio. EUR eine nicht grundhafte Sanierung einer so schadhaften Straße machen zu wollen, ist weder haushalterisch noch technisch sinnvoll.

Am Ende dieses Prozesses stand eine Grundsteuererhöhung von 350 Punkten. Substantielle weitergehende Sparvorschläge kamen von keiner Seite mehr. Aber nun, bei der Bewertung dieser Situation, gingen die Meinungen auseinander. SPD und FDP lehnten den Haushalt im HFA ab, weil sie die Grundsteuererhöhung als zu hoch empfanden. Die SPD hatte sich bereits ganz zu Beginn auf 200 Punkte festgelegt. Dafür bräuchten wir weitere Einsparungen in Millionenhöhe. Was sollte gekürzt werden, die Kinderbetreuung, die Straßensanierung? Diese Frage möchte ich gern von jeder und jedem beantwortet haben, die oder der jetzt den Haushalt aus diesem Grund ablehnt.

Das „Forum am Rathaus“ wird ab 2024 für deutliche Kostenerhöhungen sorgen und unsere Gemeinde über Jahrzehnte belasten: CDU und SPD wollten dieses Forum am Rathaus in der Maximalvariante und haben die damit verbundenen Folgekosten in Kauf genommen. Ab 2024 verzehnfachen (!) sich unsere Zinskosten, die ja auch zur Grundsteuererhöhung beigetragen haben, und daran haben auch Sie ihren Anteil, liebe SPD! Den nächsten Kita-Bau an die AWO abzugeben reicht nicht, um das auszugleichen.

Natürlich gefällt uns die Steuererhöhung nicht. Sie trifft uns alle, vom wohlhabenden Hauseigentümer bis zum sozial schwachen Mieter. Aber sie ist alternativlos für 2023. Eine Ablehnung des Haushalts bedeutet nur, dass wir noch länger keinen genehmigten Haushalt haben. Wem soll das nützen, wenn die Gemeinde voraussichtlich weit mehr als die Hälfte des Jahres keine neuen Investitionen beginnen und keine neuen Aufträge vergeben kann? Eine reine Blockade der Haushaltsaufstellung, wenn man keine weiteren Konsolidierungsideen vorlegen kann, geht zu Lasten der Handlungsfähigkeit der Gemeinde.

Allerdings kommt unsere eingeschränkte Zustimmung mit einem großen ABER. Uns gefällt vieles nicht in diesem Haushalt. Solch eine Haushaltsdebatte wollen wir nicht noch einmal erleben. Genauso wenig wie eine weitere Grundsteueranhebung. Ein Haushalt ist kein Wunschzettel des Bürgermeisters. Als absehbar wurde, in welches Defizit wir steuern, hätte ich von unserem Bürgermeister erwartet, dass er entsprechend seinem Amtseid sich als Erster daran setzt, Konsolidierungsmaßnahmen zu entwickeln. Stattdessen hörten wir Aussagen wie: „Eigentlich bräuchten wir noch 8-10 Leute mehr im Betriebshof“. Ein Betriebshof, der im Haushalt 2023 sowieso schon einer der absoluten Kostentreiber ist, sowohl beim eigenen Personal wie auch bei den Fremdleistungen. Mit dieser Mentalität wird unsere Haushaltslage bald noch prekärer werden. Es gilt für jeden von uns privat, und auch für unsere Kommune: Man kann nicht mehr ausgeben, als man einnimmt.

Wir GRÜNEN erwarten für den Haushalt 2024, dass wir, Verwaltung und Politik zusammen, die Vorschläge vom Landesrechnungshof gemeinsam durchgehen, sinnvolle Anregungen aufnehmen und umsetzen. Dies wird seine Zeit dauern, aber wir erwarten, dass jetzt begonnen wird. Zudem erwarten wir, dass wir jetzt endlich Ziele im Haushalt festlegen, die von der Kommunalaufsicht schon seit Jahren immer wieder angemahnt werden. Wir können nicht sinnvoll über Ausgaben reden, wenn wir nicht wissen, welche Ziele wir damit eigentlich erreichen wollen. Es geht darum, wie wir mit dem Budget, was uns zur Verfügung steht, möglichst viel Notwendiges und Sinnvolles für alle Bürgerinnen und Bürger umsetzen. Wir GRÜNEN erwarten auch, dass der Bürgermeister dabei endlich eine aktive Rolle einnimmt. Es gibt dieses schöne Zitat von der Klimaaktivistin Maret Schatzmann: „Es ist schwer, ehrenamtlich nach Feierabend die Welt zu retten, während andere sie hauptamtlich zerstören.“. Das möchte ich für uns leicht abwandeln: „Es ist schwer, ehrenamtlich und ohne den direkten Einblick in die Verwaltung den Haushalt zu konsolidieren, wenn der Bürgermeister hauptamtlich lieber die Steuern erhöht.“

Wir stimmen diesem Haushalt heute weitgehend zu, einige werden sich enthalten und dagegen stimmen, aus den bereits genannten Gründen. Aber das heute darf nicht das Ende der Diskussion sein! Wir müssen morgen beginnen, die Weichen für den Haushalt 2024 zu stellen!

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