Pressemitteilung der GRÜNEN Seeheim-Jugenheim zur Frage des Beitritts zum Zweckverband „NGA“

Die geplante Gründung eines Zweckverbands zur Errichtung und Unterhaltung eines Breitbandnetzes im Landkreis Darmstadt-Dieburg wurde in der Fraktion der GRÜNEN Seeheim-Jugenheim intensiv diskutiert.

Unmut bereitet dabei besonders der Termindruck, dem die Fraktionen in der Gemeindevertretung ausgesetzt sind. Erst Ende November hat der Gemeindevorstand eine Vorlage in die Gremien eingebracht, die nach strikter Maßgabe des Landkreises noch in diesem Jahr entschieden werden müsse. Für eine der politischen und finanziellen Dimension des Projekts angemessene Diskussion ist weder in der Fraktion noch in den politischen Gremien ausreichend Zeit, bemängeln die GRÜNEN. „Die Gemeinde Seeheim-Jugenheim wäre an diesem Projekt mit einem Risiko-Anteil von über 3 Mio. Euro beteiligt. Um eine Entscheidung über ein Vorhaben dieser Größenordnung wirklich zu legitimieren, müsste unseres Erachtens eine Bürgerversammlung abgehalten werden, um die Bürgerinnen und Bürger ausreichend zu informieren. Daran sollte sich eine Bürgerbefragung anschließen, um ein Meinungsbild und eine Bedarfsabschätzung zu erhalten“, so die Fraktionsvorsitzende Claudia Schlipf-Traup. Bei der Bedarfsumfrage im Rahmen der Machbarkeitsstudie haben sich in Seeheim-Jugenheim nämlich nur drei Gewerbebetriebe und 24 Privatpersonen beteiligt, in anderen Kommunen zum Teil mehrere Hundert.

Dass das Breitbandprojekt für den Landkreis Darmstadt-Dieburg von großer Bedeutung ist, steht für die GRÜNEN in Seeheim-Jugenheim außer Frage. Doch die Ausgangslage stellt sich in Seeheim-Jugenheim ganz anders dar als in allen anderen Kommunen im Landkreis, die sich voraussichtlich an dem Projekt beteiligen. In Seeheim-Jugenheim haben heute bereits 53,99% der Haushalte Zugang zum schnellen Internet mit einer Datenübertragungsrate von 50mbit/s, im gesamten Landkreis sind das im Gegensatz nur 19,37%. Ziel des Zweckverbandes ist es, 60-70% der Haushalte im Landkreis an das Datennetz des künftigen Netzbetreibers zu binden, um die erforderlichen Einnahmen zur Amortisierung der Gesamtinvestition zu erzielen. „Für Seeheim-Jugenheim bringt eine Beteiligung am Breitbandprojekt eher geringe Vorteile, andererseits haben wir aber ein erhebliches finanzielles Risiko zu tragen“ wägt Torsten Schulz, stellvertretende Fraktionsvorsitzender der GRÜNEN ab, „deshalb werden wir dem Beitritt zum NGA-Zweckverband des Landkreises mehrheitlich nicht zustimmen“. Man müsse damit rechnen, mit dem Eintritt in den Zweckverband der Gemeinde für einen langen Zeitraum erhebliche Kosten aufzubürden. Die Verwaltung hat errechnet, dass im Falle einer Verbandsumlage gemäß dem Anteil am Gesamtrisiko des Verbandes von 6,03% in den Betriebsjahren 2 bis 7 jährlich zwischen 100.000 und 150.000 €, danach zwischen 30.000 und 80.000 € bis zum 18. Betriebsjahr von der Gemeinde zu leisten seien. Dies sind Größenordnungen, die mit den Konsolidierungszielen der Gemeinde nicht vereinbar und auch nicht verantwortbar sind.

Wie schnell sich alternative technische Zukunftslösungen wie Vectoring, Cloud Computing, LTE … entwickeln und durchsetzen werden, ist dagegen nicht vorhersehbar. Dass wir auch in Seeheim-Jugenheim an der Verbesserung der Breitbandversorgung in bisher noch nicht erschlossenen Gemeindegebieten arbeiten müssen, bleibt für die GRÜNEN unbenommen. Doch dabei sollte nach Meinung der GRÜNEN an die spezifische Versorgungslage in der Gemeinde angeknüpft und nicht eine teure Parallelversorgung aufgebaut werden.

Anerkennung verdiene das Bemühen des Landkreises, solidarisch ein leistungsfähiges Datennetz für die Mitgliedskommunen herzustellen. Da der Landkreis mit 13,5% am Zweckverband beteiligt sein wird, trage Seeheim-Jugenheim ohnehin über die Kreisumlage ihren solidarischen Anteil. Es sei eine wesentliche Aufgabe der Kommunalpolitik, durch den Ausbau der Infrastruktur für vergleichbare Lebensbedingungen im Kreis Sorge zu tragen. Doch auch Bund und Land, sind aufgerufen, ihren diesbezüglichen Pflichten nachzukommen.

Wichtig ist den GRÜNEN auch der Hinweis darauf, dass der Breitbandinitiative des Landkreises die Tatsache zugrunde liegt, dass hier ein so genanntes „Marktversagen“ vorliegt. Es sei nämlich kein privat(isiert)es Unternehmen bereit, die bislang unterversorgten Regionen des Kreises mit einem leistungsfähigen Netz zu erschließen, da ein solches Netz nicht kurzfristig genug den betriebswirtschaftlich gewünschten Profit erwirtschaften könne. Das absehbare Risiko des Verlusts von Arbeitsplätzen und Einwohnern in der Region interessiere diese Unternehmen aber nicht. Es bleibe daher die Erkenntnis, dass Aufgaben, die der Erstellung und dem Erhalt öffentlicher Infrastruktur dienen, in privatwirtschaftlichen Händen offenbar nicht grundsätzlich gut aufgehoben sind.

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