Forstwissenschaftler warnt: Der Wald in Seeheim-Jugenheim ist in Gefahr

Der Wald der Gemeinde Seeheim-Jugenheim befindet sich in keinem guten Zustand. Daran ist nicht nur der viel zu trockene und heiße Sommer schuld. Eine grundlegende Änderung der Bewirtschaftung der Wälder in der Gemeinde ist dringend nötig. Das fordert der Forstwissenschaftler Martin Bertram am 10. Oktober in seinem Vortrag auf der Veranstaltung „Lebensraum Wald – Schutz durch ökologische Forstwirtschaft“ im Haus Hufnagel in Seeheim. Eingeladen hatte der Ortsverband Seeheim-Jugenheim von Bündnis 90/DIE GRÜNEN gemeinsam mit Torsten Leveringhaus, dem Landtagskandidat für den Wahlkreis 51. Das große Interesse an der Veranstaltung und die rege geführte Diskussion zeigten, dass den Seeheim-Jugenheimer Bürger*innen ihr Wald am Herzen liegt.

Für die emotionale Einstimmung sorgte die im Ortsteil Steigerts lebende Fotografin Yvonne Albe mit eindrucksvollen Bildern aus dem Seeheim-Jugenheimer Forst, der rund 50 Prozent der Gemeindefläche ausmacht. Nach zahlreichen Fotos, in denen sie die Schönheit der Wälder rund um Seeheim-Jugenheim eingefangen hatte, lenkte sie den Blick auf unschöne Aspekte, wie Kahlschlag und breite Spuren von schweren Forstmaschinen. „Zu dicht angelegte und häufig sich kreuzende Rückegassen sowie aufgerissene Waldränder in Steigerts, besonders aber in den Kiefernforsten der Ebene, kritisiert der Ökoforstspezialist Martin Bertram als „Waldverwüstung“. Die schweren Forstmaschinen führen zu einer Bodenverdichtung, die das Bodenleben und damit auch die Bäume schwer schädigt. Das viel zu enge Netz der Waldarbeitswege, über die geschlagene Bäume aus dem Wald transportiert werden, sieht er auch in eklatantem Widerspruch zu den Bestimmungen des FSC, nach denen der Seeheim-Jugenheimer Wald seit einiger Zeit zertifiziert ist.

Die geringe Baumartenvielfalt in den Wäldern am Odenwälder Hang ist für Bertram ein weiterer Schwachpunkt des Seeheim-Jugenheimer Waldes. Fatal, insbesondere angesichts der zunehmenden Herausforderungen durch zu trockene und zu warme Sommer, wie zum Beispiel in diesem Jahr. „Vom Urwald lernen“, lautet Bertrams Credo. Aber auch: „Wir müssen den Wald nutzen“ – wenn kein Holz aus tropischen oder sibirischen Wäldern importieren werden soll – und nicht zuletzt habe der Wald auch einen Nutzen für die Naherholung der Seeheim-Jugenheimer Bürger*innen. Den Mittelweg zwischen Urwald und Raubbau sieht er in der ökologischen Waldbewirtschaftung, die nach seiner Überzeugung auch ökonomisch die sinnvollste ist.

Kennzeichen einer ökologischen Bewirtschaftung seien beispielsweise Familienstrukturen im Wald. Hier haben alte Bäume genügend Platz für ihre Kronen. Die nächste Generation kann sich eine Etage darunter entfalten und der Nachwuchs am Boden darf nicht dem Verbiss durch Rehe überlassen werden. Dazu muss der Wildbestand durch effektive Jagd niedrig gehalten werden. Das vielfältige Leben im Waldboden muss vor unnötigen forstwirtschaftlichen Eingriffen geschützt und die vorhandene Naturverjüngung respektiert werden. Die Bewirtschaftung des Waldes muss ökologischer werden, damit sich die Bürger*innen auch weiterhin am Seeheim-Jugenheimer Wald erfreuen können, lautet das Fazit.

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