Haushaltsrede von Katja Ebert zum Haushalt 2024

Haushalt 2024

In der Sitzung der Gemeindevertretung am 18. April 2024 wurde nach langen und intensiven Verhandlungen der Haushalt für die Gemeinde Seeheim-Jugenheim für das Jahr 2024 beschlossen.

Im Rahmen der Sitzung hatte jede Fraktion noch einmal die Möglichkeit, auf wichtige Punkte einzugehen und über eigene Schwerpunkte beim Haushalt zu informieren. Nachfolgend die Rede unserer Fraktionsvorsitzenden Katja Ebert.

Sehr geehrte Vorsitzende, sehr geehrter Herr Bürgermeister, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen,

ich möchte mit einer Zahl starten, die sehr unbedeutend ist im Vergleich zu denen, über wie wir üblicherweise in einem Haushalt reden: 28,95 Euro. Um diesen Betrag möchte mich die CDU bei der Grundsteuer entlasten. Pro Jahr.

„Es wäre jetzt dringend geboten, Spielräume zu nutzen und die Abgabenlast zu verringern“ schreibt die CDU in den sozialen Medien. Spielraum? Liebe CDU, welcher Spielraum? Im Haushalt 2024 stehen derzeit 1,7 Millionen Euro Verlust. Und dieser defizitäre Haushalt wurde noch unter der Ägide vom CDU-Bürgermeister, Herrn Kreissl aufgestellt.

Dazu kommt: Das von CDU und SPD forcierte und in unseren Augen überdimensionierte Forum am Rathaus, ist mitten im Bau. Wir vergeben derzeit immer noch Gewerke. Welche Summe da am Ende unterm Strich steht, welche Darlehenssummen wir zu welchen Konditionen aufnehmen, ist noch längst nicht klar. Dasselbe gilt für die Sanierung der Feuerwehr in Seeheim und den Ausbau der Kinderbetreuung.

Wir halten also fest: unser Haushalt ist tiefrot defizitär. Wir haben noch nicht bezifferbare Risiken und Belastungen in den kommenden Jahren zu erwarten. Und die CDU findet es an der Zeit, etwas zurück zu geben. 28,95 Euro pro Jahr für mich. Als Privatperson schätze ich das wirklich sehr. Als Kommunalpolitikerin finde ich das jedoch fahrlässig, ich kann darin keine haushalterische Vernunft erkennen. Und für uns steht die eher geringe Entlastung des Einzelnen in keinem Verhältnis dazu, wie knapp knapp dann über die nächsten 4 Jahre unsere Finanzplanung gestrickt ist.

Allerdings muss man auch sagen: die SPD lieferte für diesen Antrag auch die Steilvorlage, mit den sehr lauten Forderungen nach einer weniger starken Grundsteueranhebung im letzten Jahr. Leider ohne eine Erklärung mitzuliefern, wie man das hätte finanzieren sollen. Wenn man so eine Bürgermeister*inwahl bestreitet, dann holen einen die eigenen Forderungen eben auch schnell ein.

Wir lehnen diese Grundsteuersenkung ab, das ist uns haushaltspolitisch zu unseriös. Zumal wir in 2025 durch die Grundsteuerreform die Hebesätze voraussichtlich schon wieder ändern müssen. Der administrative Aufwand für eine sehr geringe Entlastung der einzelnen Bürger*innen ist in unseren Augen unverhältnismäßig. Für uns kommt diese Senkung verfrüht, geht nicht einher mit strukturellen Maßnahmen im Haushalt.

Einführung einer Übernachtungssteuer

Die Satzung zur Übernachtungssteuer wurde in diesem Gremium am 1.2.2024 hier beschlossen. Der Betrag von 4 Euro pro Nacht wurde von der Verwaltung und dem von Bürgermeister Kreissl geleiteten Gemeindevorstand im Haushaltssicherungskonzept vorgeschlagen und stand schon lange im Raum. Die Satzung soll Ende Juni in Kraft treten, und wurde nun auf einmal im April noch einmal neu aufgerollt. Dies ist nicht im Sinne der Planungssicherheit, vor allem für unseren kommunalen Haushalt. Im Hinblick auf das Haushaltsdefizit von 1,7 Millionen Euro können wir es uns nicht leisten, auf alternative Einnahmequellen zu verzichten. Wer werden die Senkung der Übernachtungssteuer deshalb nicht mittragen.

Haushalt

Ich möchte hier mit einem Dank beginnen: Auch dieser Haushalt ist mal wieder mit viel Zeitdruck entstanden: deutlich später eingebracht als üblich, Sitzungsverschiebungen, dann der Beratungsbedarf der CDU und neue Anträge kurz vor der Sondersitzung des Haupt- und Finanzausschusses. Und denselben Zeitdruck hatten auch einige andere Menschen hier in der Halle – vielen Dank an die Verwaltung, die wie üblich unsere vielen Fragen beantwortet hat, uns die benötigten Informationen beschafft, unsere Anregungen ernst genommen und teilweise dann auch in den Haushalt eingearbeitet hat. Haushalt ist Teamwork, und das haben wir in den letzten Wochen hier alle gemeinsam gemeistert.

Hier stehen wir also, und am Ende des Haupt- und Finanzausschusses letzte Woche stand dann die Zahl: 1,7 Millionen. 1,7 Millionen Euro Verlust in 2024. Weit entfernt von einem ausgeglichenen Haushalt. Und das trotz der Mehreinnahmen durch die im letzten Jahr erhöhte Grundsteuer. Wer unsere kommunalen Finanzen nicht gut kennt, der fragt sich jetzt wohl: „1,7 Millionen Verlust, wovon bezahlen wir das? Geht es der Gemeinde seit Jahren nicht finanziell miserabel?“ Unsere Haushalte waren hochdefizitär, in der Tat. Aber ein Haushalt ist nur ein Plan. Was zählt, ist die Umsetzung. Und ein Blick in unsere Jahresabschlüsse zeigt: wir haben die letzten Jahre Defizite geplant, aber Überschüsse erwirtschaftet. Manchmal lag das an unerwarteten Steuer-Mehreinnahmen, aber oft auch an uns als Gemeinde selbst:

Ein leidiges Thema sind seit Jahren die Personalkosten: jedes Jahr wird die Schere größer zwischen den geplanten und den tatsächlichen Kosten. Jedes Jahr werden die Stellen, die wir genehmigen und für die wir das Budget beschließen, nicht wie geplant besetzt. Deshalb geht hier meine Bitte besonders an unsere künftige Bürgermeisterin Birgit Kannegießer: Bitte, stellen Sie das Personal ein, das wir brauchen. Bitte, sorgen Sie dafür, dass dieses Personal auch bei uns bleibt und all die Leistungen für die Bürgerinnen und Bürger erbringen kann, für die wir diese Stellen im Haushalt planen!

Oft hören wir bei den Beratungen aus der Verwaltung „Das muss in den Haushalt, sonst können wir das nicht umsetzen.“ Und oft genug werden Dinge trotzdem nicht umgesetzt. Ein schönes Beispiel ist die Straße von Stettbach nach Steigerts: im Haushalt 2023 haben wir dafür Millionen eingestellt, und passiert ist bislang nicht viel. Deshalb würde ich den Spieß gern umdrehen: „Wenn wir die Mittel im Haushalt freigeben, dann setzen Sie es bitte auch um.“ Und was nicht umsetzbar ist, das kommt gar nicht erst in den Haushalt. Zu beurteilen, was machbar ist, das ist Aufgabe der Verwaltung, nicht der Politik. Manches geht nicht immer sofort, aber auf der anderen Seite wollen wir auch Themen nicht jahrelang durch die Haushalte mitschleifen, wie die Sanierung der historischen Rathäuser, die Straßensituation am Schuldorf oder die Sanierung der Schloßstraße. Wir fordern seit Jahren einen realistischen Haushalt, den die Gemeinde auch personell umsetzen kann, keine Wunschliste. Und das fordern wir auch weiterhin! Bislang war die SPD bei diesen Forderungen immer mit im Boot, nun kann Frau Kannegiesser demnächst als Bürgermeisterin zeigen, dass es auch machbar ist.

Was wir auch seit Jahren kritisieren: die einseitigen Sparvorschläge im Haushalts-Sicherungskonzept. Immer wieder: viele Einsparungen im sozialen Bereich. Während in manchen Bereichen ständig die Kosten steigen, werden immer wieder Dinge wie die Weiterleitung der Landesmittel für die Kindergärten, die dritte Kraft im Szenenwechsel oder der Extra-Euro für die Tageseltern zum Einsparen vorgeschlagen. Warum steht da eigentlich nie was aus dem Bauhof? Grünpflege, Bauwesen, Ordnungsamt – nur weil das mehrheitlich Pflichtaufgaben sind, heißt das doch nicht, dass man da auch mal sparen kann.

Für uns gibt es durchaus in diesem Haushalt Grund zur Freude in einigen Punkten: Wir haben die Finanzierung des seit Jahren nicht beschafften mobilen Geschwindigkeitsmegssgeräts auf einen realisitischen Kaufpreis aufgestockt, und ab 2025 auch Erlöse daraus eingeplant. Das finanziert die Mehrkosten für die Investition in kürzester Zeit. Aber vor allem: es sorgt für mehr Sicherheit in unserer Gemeinde. Auch dass wir eine nochmalige Erhöhung der Friedhofsgebühren wieder aus der Sparmaßnahmen-Liste streichen konnten, erleichtert uns sehr. Genauso, wie wir all die Mini-Einsparung streichen konnten, die die Teilhabe der Bürger*innen an unserer lokalen Demokratie schwächen würden: Streichung der Ortsbeiräte, des Familienbeirats und der Seniorenvertretung.

Eines wurde in der Tat gestrichen: das Jugendparlament. Aber nicht, weil wir die politische Teilhabe von Jugendlichen uns nicht wichtig ist. Sondern, weil die letzten Jahre ohne Jugendparlament gezeigt haben, dass dieses Format nicht mehr zeitgemäß ist. Dafür wünschen wir uns neue Formate im direkten Austausch mit Jugendlichen, unformell und auf Augenhöhe. Dies ist für uns definitiv einer der Aufgaben für die Jugendförderung, für die wir ab 2025 auch wieder mit diesem Haushalt Mittel bereitstellen.

Wir glauben, dass auch in diesem Haushalt noch Luft ist. Aber unser Haushalt ist genehmigungsfähig. Und wir wollen im Jahr 2024 mit einem Bürgermeister*in-Wechsel auch gern ausreichend Mittel bereitstellen, in der Hoffnung, dass dies unserer zukünftigen Bürgermeisterin ermöglicht, viele unendlich wichtige Themen anzustoßen: der immer wieder beklagte Sanierungsstau, Ausgaben im sozialen Bereich und auch eine möglichst geordnete Weiterarbeit an den kontroversen Großprojekten „Forum am Rathaus“ und „Sanierung Feuerwehrstützpunkt Seeheim“. Gleichzeitig, Frau Kannegießer, erwarten wir, dass im nächsten Haushalt diese Luft mit der Erfahrung der ersten Amtsmonate auch rausgelassen wird. Von uns als Gemeindevertretung haben Sie die finanziellen Mittel demnächst an der Hand, bitte nutzen Sie sie. Und setzen Sie in ihrem nächsten, ersten eigenen, Haushalt, all die Dinge um, die Sie bei den Diskussionen am letzten Haushalt selbst noch kritisiert haben!

Mit dieser Bitte komme ich zum Ende. Wir können diesem Haushalt unter den gegebenen Umständen so zustimmen und wünschen unserer zukünftigen Bürgermeisterin alles Gute bei der Umsetzung. Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

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