Pressemitteilung der GRÜNEN Seeheim-Jugenheim zum Haushalt 2023

Haushaltsberatungen

Bürgermeister Kreissl hat der Gemeinde Seeheim-Jugenheim mit dem Haushaltsentwurf 2023 kurz vor den Feiertagen eine große Herausforderung präsentiert: ein geplantes Defizit von über 8 Mio Euro, das ausgeglichen werden soll durch eine Steuererhöhung von 3,8 Mio Euro und durch Verbrauch der Überschüsse  und alten Ausgabereste der Vorjahre in Höhe von  zusammen 3,4 Mio Euro. Vom Bürgermeister angedacht ist dabei zunächst eine Verdoppelung der Grundsteuer auf einen Hebesatz von 1.000% , aber auch die Gewerbesteuer wird als Möglichkeit erwähnt. Die restlichen Maßnahmen sind vor allem Gebührenerhöhungen für Schwimmbad und Kindergärten. Einsparungen gibt es nur in geringem Umfang, vieles davon im sozialen Bereich. Diese Gewichtung der Maßnahmen widerspricht den Äußerungen des Bürgermeisters im Interview mit dem örtlichen Magazin der CDU vom Dezember 2022: „ Es liegt auch an uns, mit den Beschlüssen in der Gemeindevertretung den Bürgern nicht einfach Belastungen zuzumuten, bevor nicht unvoreingenommen andere Möglichkeiten geprüft worden sind.“ Genau das Gegenteil wird der Gemeindevertretung nun aber vorgelegt mit diesem Haushalts-Sicherungskonzept: Viele Belastungen, kaum Einsparungen. Dazu Kostensprünge in Millionenhöhe.

Auffällig sind hier vor allem die stark gestiegenen Ausgaben bei Instandhaltungen und Reparaturen. Diese finden sich bei vielen kommunalen Gebäuden in 2023 in deutlich erhöhtem Umfang. Schaut man jedoch in die geplanten Maßnahmen des Vorjahres, stellt man schnell fest: vieles wurde gar nicht umgesetzt. So wurden geplante Maßnahmen z.B. im Betriebshof, Sanierung der Fassade am Alten Rathaus Jugenheim, in der Kita Windrad und in der Bürgerhalle Balkhausen in 2022 nicht durchgeführt und stehen 2023 wieder im Haushalt. Der Engpaß ist nicht das Budget, sondern die Umsetzung. Derzeit müssen einige wirklich große Investitionsprojekte betreut werden. Eine realisitische Ressourcenplanung scheint hier nicht erfolgt zu sein, es wirkt eher wie eine Wunschliste. All diese Maßnahmen müssen durch die Erhöhung der Grundsteuer gegenfinanziert werden. Wenn wir jedoch zuerst das Geld bei den Bürgern einsammeln, um den Sanierungsstau endlich zu beenden, und der Bürgermeister dann die Maßnahmen gar nicht in die Umsetzung bringen kann, dann wurde umsonst an der Steuerschraube gedreht.

Was man natürlich bei der Bewertung nicht vergessen darf: 2023 ist das Jahr der Bürgermeister*in-Wahl. Da werden gerne Wahlgeschenke verteilt, längst überfällige Sanierungen sind da nur ein Beispiel. Auch bemerkenswert ist zu diesem Zeitpunkt eine zusätzliche Stelle in der Öffentlichkeitsarbeit. Richtig ist: Die Kommunikation des Rathauses könnte besser sein, auf vielen Ebenen. Das ist allerdings schon seit Jahren unverändert. Diese Stelle soll jetzt kommen und auf Kosten der Steuerzahler soll mehr Öffentlichkeitsarbeit im Rathaus finanziert werden –  das hat durchaus einen unangenehmen Beigeschmack. 

Hier werden wir ansetzen und die fast 400 Seiten des Haushalts in der Fraktion, im Austausch mit der Verwaltung durcharbeiten und uns ein Bild der geplanten Kostenentwicklung machen. In der ersten Januarwoche haben wir eine Liste mit 114 Fragen an die Verwaltung geschickt. Nur an der Steuerschraube zu drehen ist für uns keine echte Konsolidierung. Im Hinblick auf zukünftige weitere Belastungen durch das neue Forum am Rathaus und die Sanierung der Feuerwehr muss der Haushalt nachhaltig besser aufgestellt werden. Bereits in 2023 liegt die geplante Zinsbelastung bei 1,2 Mio Euro für den auf 32,7 Mio Euro wachsenden Schuldenberg. Dies liegt in erster Linie an einem großen Kredit für den Neubau des Forum am Rathaus und die dringend notwendige Sanierung des Feuerwehrstützpunktes. Wir Grünen haben immer vor der zu großen finanziellen Belastung durch den Neubau des Forum am Rathaus gewarnt – leider vergeblich. 

In den Vorjahren war das Plan-Ergebnis des Haushaltsplans immer deutlich schlechter als das spätere IST-Ergebnis, in 2021 waren das Jahresergebnis um 3,3 Mio Euro höher als geplant, in 2022 sind es vorläufig auch 1,7 Mio Euro. Vermeidbare Planungsfehler zu analysieren und nicht zu wiederholen sollte ein wichtiges Augenmerk in den Haushaltsdebatten sein. Solange die Ausgaben völlig unrealistisch angesetzt werden, können wir den Bürger*innen keine neuen Belastungen abverlangen. Das oben erwähnte Interview hatte die Überschrift „Schwierige Zeiten brauchen Erfahrung“ – Erfahrung sehen wir im Haushaltsbereich leider nicht, weder mit Blick auf die Vorjahre noch im Umgang mit diesem hohen Plan-Defizit in 2023. Für die Zukunft mit weiter steigenden Belastungen durch Zinsen, nicht nur für das Forum am Rathaus, sondern auch für die mit 8 Mio EUR deutlich teurer gewordene Sanierung des Feuerwehrstützpunktes Seeheim und für den Bau den Kita am Bolzplatz in Jugenheim braucht es wirkliche langfristige Planungs- und Gestaltungskompetenz und den Willen, hier langfristig Weichen zu stellen, die über Einsparungen im Sozialbereich und Mehrbelastungen für die Bürger hinaus gehen.

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4 Kommentare

  1. Wenn ein Privatmann so rechnen und planen würde, wäre er gleich pleite bzw. würde von der Bank gar keine Kredite für
    den Hausbau bekommen.
    Wie kann man mit z.B. 0.5% ein 30 Mio. Projekt angehen und hoffen, dass die Zinsen bis zur Fertigstellung und auch danach
    gleich bleiben! Und das von einem Experten der beim
    Landratsamt der Finanzsheriff war! Getreu nach dem Motto:
    die Einwohner müssen das schon zahlen. Auch die Wortwahl
    der Grünen in Seeheim! Und dann die Verschonung der Gewerbetreibenden, die bei einer Gewerbesteuererhöhung abwandern würden. Also alles zu Lasten der kleinen Leute
    die z.B. ein 1-FH oder eine ETW haben, Grundsteuer nicht
    wie Firmen als Ausgaben von der Steuer absetzen können usw..
    Keine Firma wechselt den Standort, weder hier noch in DA.
    Oder hat die Gemeinde etwa Angst dass die Lusthansa ihren
    Standort wechselt? Was eine Verschleierungstatik der Realitäten.

    1. Wir Grüne waren gegen den Neubau der Halle in den derzeitigen Dimensionen, weil wir genau davor gewarnt haben: Dass die Kosten noch deutlich steigen werden (ist passiert) und die Zinsen auch steigen können (ist passiert, je länger eine Niedrigzinsphase dauert, desto wahrscheinlicher wird das). In einer frühen Phase des Projekts wollten wir auch einen Bürgerentscheid über die Frage „Neubau oder Sanierung“ initiieren, aber das ist leider auch an SPD und CDU in der Gemeindevertretung gescheitert.

      Grundsätzlich hat der erste Entwurf des Haushaltes aus dem Gemeindevorstand, dem der Bürgermeister vorsteht, eine Verdoppelung (!) der Grundsteuer vorgesehen. Die Reduzierung auf 350 Punkte wurde dann durch umfangreiche Sparvorschläge vor allem von Grünen und SPD erreicht. Uns als Gemeindevertretung wurde durch den Bürgermeister die Verantwortung für den Haushalt zugeschoben. Aber bei Sparvorschlägen wurde immer blockiert, dagegen argumentiert und zum Beispiel unser Ansatz, bei Kündigungen die Neubesetzun erstmal zu prüfen, komplett von allen Parteien und auch von Herrn Kreissl kategorisch abgelehnt.

      Aus meiner beruflichen Erfahrung muß ich zur Gewerbesteuer leider sagen: man muß nicht einmal umziehen, um seinen gewerbesteuerlichen Sitz zu ändern. Und wir liegen mit unserem Satz schon relativ hoch. Gerade große Konzerne sind ohnehin gut darin, ihre Gewinne in andere Länder zu verschieben und hier in Deutschland nicht viel Steuern anfallen zu lassen. Auch hier trifft es vor allem die kleinen Gewerbe, die diese Möglichkeiten nicht haben oder nicht nutzen.

      Was genau Sie an unserer Wortwahl stört, wird aus Ihrer Zuschrift nicht klar. Eine Rückmeldung dazu würde uns interessieren.

      mit freundlichen Grüßen, Katja Ebert

  2. Ich bin entsetzt Über die 70%! Erhöhung der Grundsteuer B. Der Energiekosten-Anstieg mit einer ähnlichen Steigerung war kriegsbedingt zu erklären. Gegen wen oder was kämpft Seeheim? Vielleicht dieses überdimensionierte Bauprojekt ein bisschen kleiner ausfallen sollen. Bei knapper Kasse ist weniger Eitelkeit angesagt.

    1. Das verstehen wir sehr gut! Die Energiekosten waren nur einer von mehreren Faktoren. Die Haupttreiber waren:
      – Tarifabschluss im öffentlichen Dienst mit deutlichen Steigerungen von über 10% im Schnitt
      – Erhöhung der Kreisumlage
      – deutlich gestiegene Kosten für Instandhaltung und Fremdvergabe von Arbeiten
      – gestiegene Kosten und Zinsen für den Bau des Forum am Rathaus

      Dass das Forum kleiner hätte ausfallen sollen, das sehen wir auch so. Für diese Maximalvariante mit Schießstand, Mediathek und Verwaltungstrakt waren die SPD und CDU. Wir Grüne und die FDP haben sich für eine kleinere Variante ausgesprochen. Wir haben damals schon gewarnt, dass die Kosten für Bauten der öffentlichen Hand immer nachträglich steigen, dass die Zinsen steigen könnnen und wir uns übernehmen. Das ist leider auch eingetreten. Nun steht der Rohbau aber schon. Auch wenn wir nicht dafür waren, mit den Konsequenzen müssen wir nun trotzdem umgehen. Ohne einen genehmigungsfähigen Haushalt können wir kaum Kredite aufnehmen und hätten einen sofortigen Baustopp einlegen müssen. Eine halbfertige Bauruine, die bereits Millionen gekostet hätte, bringt uns leider auch nicht weiter.

      Diese Entscheidung wurde von anderen getroffen, aber wir können Sie nicht mehr rückgängig machen. Etwas weniger Eitelkeit und Wunschdenken wären damals tatsächlich angebracht gewesen.

      mit freundlichen Grüßen,

      Katja Ebert